Dienstag, 28. März 2006

Beethovens Gedenktafeln

Auf einem meiner seltenen Fußmärsche durch das heuer noch sehr selten frühlingshaft gewesene Wien - Bild 1 beweist, daß ich mindestens 7 Schritte geschritten bin, um das Haus, das Gegenstand der weiteren Betrachtungen sein wird, die Straße überquert habend abzulichten - stieß ich auf das bereits im vorigen Halbsatz erwähnte Haus, welches meine Aufmerksamkeit dadurch erregte, daß ich dieses einem bestimmten Baustil nicht auf Anhieb zuordnen konnte. In meinen Klassifizierungsversuchen schwankte ich zwischen den Epochen der Gotik, der Moderne, des Barock, des Kubismus sowie des Dekonstruktivismus und überlegte sogar, ob ich Einflüsse des in unmittelbarer Nähe befindlichen Hundertwasserhauses ausfindig machen könnte. Ich konnte glücklicherweise nicht, glücklicherweise für das betreffende Haus natürlich, denn das Prädikat Hundertwasser ist kein Prädikat nicht, zumindest nicht in der Architektur.

Mit 7 Schritten überschritt ich erneut die zwischen mir und dem gegenüberliegenden Gehsteig darniederliegende zweispurige Fahrbahn und spendierte meinem Bewegungsapparat 11 weitere ebensolche, um zum Eingang des Hauses zu gelangen, in der Hoffnung, dort Näheres über dieses mich rätseln machende Haus ausfindig zu machen. Und tatsächlich! Eine Gedenktafel (Bild 2) lieferte den entscheidenden Hinweis:

In diesem Haus wohnte Ludwig van Beethoven im Jahre 1817

1 2

Ludwig van Beethoven also. Beethoven, 1770 in Bonn geboren und in jungen Jahren aus verständlichen Gründen nach Wien übersiedelt, Beethoven wohnte 1817 in diesem Haus. Der große Komponist wohnte in Wien übrigens an zahlreichen Orten, weshalb es in der schönen Donaumetropole etwa 47 Beethovenhäuser zu besichtigen gibt. Vor einem von diesen stand ich nun. Ich erstarrte vor Ehrfurcht und dachte an den Musikunterricht zurück, in dem mir beigebracht wurde, daß Beethoven einer der wichtigsten Vertreter der Romantik war. Also schlußfolgerte ist, daß es sich bei diesem Haus um ein romanisches Bauwerk handeln mußte. Ein prüfender Blick überzeugte mich - ja, dieses Haus war wirklich sehr romantisch, fürwahr.

Während ich selbstzufrieden über meine Erkenntnisse lächelte, schweiften meine Blicke umher, um diese schlußendlich auf eine Gedenktafel treffen zu lassen, deren Text mich nun doch wieder einigermaßen verunsicherte (Bild 3):

An dieser Stelle befand sich das Haus, an dem die obenstehende Gedenktafel ursprünglich angebracht war.

3

Ich verwarf sofort sämtliche Baustilüberlegungen, bedauerte, daß Beethovens Wohnhaus einst den Erdboden gleichgemacht worden ist und beschloß, an dem Bauwerk nichts romantisches mehr zu erkennen. Schön ist es wahrhaft nicht, weshalb mir ein weiteres Demerdbodengleichmachen durchaus andenkenswert erschien. Natürlich müßten auch auf dem neu zu errichtenden Haus wieder die beiden schon erwähnten Gedenktafeln angebracht werden, ergänzt um eine dritte Tafel, die sich auf die beiden ersten bezieht und durch folgenden Text geziert wird:

An dieser Stelle befand sich das Haus, an dem die obenstehende Tafel ursprünglich angebracht war, die darauf hinwies, daß hier das Haus stand, an dem die ganz oben sich befindliche Gedenktafel ursprünglich angebracht war

Wollen Sie wissen, was man auf die entsprechende Tafel kritzeln müßte, wenn man das Haus noch dreimal abreißt?

Mittwoch, 22. März 2006

Weltverschwörung

Jüngst suchte ich - und das mag Sie vielleicht überraschen, weil mir ja nachgesagt wird, daß ich über gar keine Haare mehr verfüge - meine Lieblingsfriseuse in einem trendigen Friseursalon, dem eine Galerie angeschlossen ist, weshalb man während des Haarezurechtstutzens in den Genuß kommt, moderne Kunst betrachten zu können, soferne einem nicht gerade einige abgeschnittene Haare in den Augen die Sicht versperren, auf, um mein verbliebenes Haupthaar einer Inspektion auf Vollständigkeit zu unterziehen und einer anschließenden Jätung zuzuführen.

Ich nahm nach Konsumation eines morgendlichen Kaffees Platz und harrte der Dinge, die nun gleich über mich ergehen würden. Meine Lieblingsfriseuse ließ nicht lange auf sich warten, fragte, ob sie denn wieder so verfahren solle wie die vorigen male, was ich unter Hinweis auf die sich hoffentlich bald einstellende sommerliche Großwetterlage verneinte und meinte, sie möge doch mit ihren Geräten ein wenig näher bei der Kopfhaut hantieren als sonst, und schon begann das altbewährte Spiel.

Im Unterschied zu Herold, der sich bei derartigen Anlässen gerne unkommunikativ, man möchte fast sagen soziophob, gibt, hatte ich nichts gegen ein das Kunsthandwerk begleitendes Gespräch und so kam es, daß ich angesichts des hohen zu erwartenden Preises für den doch recht einfachen Haarschnitt eine Frage stellte, die das Gesicht meiner Lieblingsfriseuse mystifizierend verdunkeln ließ.

In Anbetracht diverser am Markt befindlicher Haarwuchsmittel wunderte ich mich nämlich laut darüber, warum es kein Substrat gibt, welches den Haarwuchs ein für alle mal stoppt und damit quasi auf dem Stand einfriert, den man sich beim Friseur seiner Wahl zuvor erstellen hatte lassen. Meine Lieblingsfriseurin nickte nachdenklich und wissend. Man merkte ihr an, daß sie ein Geheimnis in sich trägt und daß sie mit sich haderte, ob sie selbiges preisgeben soll. Doch anstelle eines Stammkundenrabattes beschloß sie, mich an Ihrem Wissen teilhaben zu lassen.

Sie schaute sich um, kam näher zu mir heran und flüsterte mir dann ins Ohr: Weißt du (der Umgangston zwischen Kunde und Friseur ist ebenso trendig wie der Salon), weißt du, es ist so: Es gibt solche Mittel ja schon längst. Allerdings kannst du dir sicher vorstellen, was das für unserem Berufsstand bedeuten würde. Wir müßten unser Geschäft schließen, denn von einer Gallerie alleine kann keiner leben. Daher ... Sie schaute sich nocheinmal prüfend um ... daher hat die internationale Vereinigung der nationalen Friseurinnungen in einem gemeinsamen Kraftakt sämtliche diesbezügliche Patente aufgekauft und in einem Tresor verschweißt. Keine Chance, jemals so ein Produkt auf den Markt zu bringen.

Ich haderte ein wenig mit dem Schicksal, gedachte der Tatsache, daß die Patente für Wasserstoffautos ja auch von der Ölindustrie aufgekauft wurden und die erste Mondlandung eine groß inszenierte Fälschung war, ließ meine Lieblingsfriseuse ihr Werk vollenden und schlich nach Bezahlung des richtigerweise erwarteten hohen Preises für den doch recht einfachen Haarschnitt ernüchtert von dannen.

Montag, 20. März 2006

Die Hundemetropole

Die derzeitige Großwetterlage hat ein stadtimmanentes Dauerproblem zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes eskalieren lassen, die in anderen Städten dieser Erde längst zur Proklamation eines Notstandsgebietes mit nächtlicher Ausgangssperre geführt hätte, wenn - ja wenn es sich bei dieser Stadt nicht um Wien handelte, einer Stadt, die sich fest in den Klauen der Hundehaltermafia, einer freimaurerähnlichen Geheimvereinigung, befindet, die Regionalpolitiker aller Colours wie Espenlaub erzittern und keine Gegenwehr leisten läßt. Denn schließlich sind Hunde in der Donaumetropole so etwas wie Rindsviecher für die Inder und schließlich will man ja auch noch Wahlen gewinnen.

Doch was ist heuer anders? Seit Monaten wird Wien in periodischen Abständen von diversen Schneedecken überzogen. Diese setzten den Berufsstand des Straßenkehrers außer Gefecht, den jener fleissigen Männer, die Wiens Straßen unter Einsatz ihrer eigenen Gesundheit täglich von Tonnen von Hundekacke befreien. Doch Schnee behindert deren Arbeit, sodaß mittlerweile drei Monate lang nichts Reinigendes geschehen konnte, was Hunde aller Größen jedoch nicht daran gehindert hat, ihrem schmutzigen Geschäft in gewohnter Intensität nachzukommen.

Und so präsentiert sich Wien, wenn man einen Schnitt durch die Fahrbahnoberfläche und die darauf befindlichen winterlichen Schichten legt:



Nun war einerseits der leidgeprüfte Fußgänger während der letzten Monate nicht in der Lage, beim Begehen der durchwegs instabilen Schneedecke der sich darunter befindlichen Hundekotansammlungen gewahr zu werden, sodaß auf Schritt und Tritt stets eine neue Überraschung offensichtlich wurde, andererseits befindet sich Wien derzeit im Übergangszustand der Schneeschmelze, einem leicht vorstellbar qualvollen Ereignis, das eine breiartige Emulsion aus halbgetautem Schnee und durchweichter Hundekacke bedingt, welche Wiens Straßen die schöne blaue Donau kontakarierend als braungefärbtes Kanalnetz erscheinen läßt, weshalb Wien auch als Venedig der Brühe bezeichnet wird.

Angesichts wie Espenlaub erzitternder und daher gelähmter Regionalpolitik organisieren sich neuerdings jedoch Widerstandsgruppen und Bürgerwehren, die der bedrohlichen Situation auf eigene Faust Herr werden wollen. Und so kommt es, daß auf Häuserwänden zahlreiche anarchische Aufforderungen befestigt wurden, wie die hier beispielhaft präsentierte, die genau im Zentrum der Hundemetropole unweit des von einer dampfenden Kloake umspühlten Stephansdoms aufzufinden ist:



Und schließlich wurde eine groß angelegte Unterschriftenaktion, die Aktion "Fairneß im öffentlichen Raum - Wien ist ein Hundeklo" ins Leben gerufen, die binnen kurzem bereits von 14.500 (Update 27.3. fast 90.000) mutigen und wehrhaften Hundekackegegnern unterzeichnet wurde. Und täglich werden es mehr! Unterschreiben auch Sie! Der Aufstand ist bereits im Gange! Vive la Revolution!

Mittwoch, 15. März 2006

Hysteriepandemie

Einst trug es sich zu, daß ich mich in Toronto aufhielt und dies just zu der Zeit als weltweit SARS und die damit einhergehende SARS-Hysterie voll ausgebrochen war. Dazumals war Toronto einer jener Hotspots, die mit einigen SARS-Fällen zu kämpfen hatten, was naturgemäß eine dementsprechende Besorgnis der in Österreich zurückgelassenen Verwandt- und Bekanntschaft ausgelöst hat. Ich versprach, besondere Um-, Vor- und Rücksicht walten zu lassen, beobachtete mit Genugtuung die nicht vorhandenen diesbezüglichen Vorsichtsmaßnahmen in der besuchten Stadt und ließ mich von der Hysterie nicht anstecken - von SARS natürlich ebenfalls nicht.

Toronto, die pulsierende Stadt etwas links von Montreal gelegen, wenn man die Landkarte richtig hält, Norden also nach oben ausrichtet, Toronto also wird von 4,7 Millionen Menschen bewohnt. Die Mehrzahl der in Kanada aufgetretenen SARS-Fälle trug sich in Toronto zu, in Summe etwa 250 Erkrankungen, die in 40 Fällen zum Tod des betreffenden Patienten geführt haben. Tragisch fürwahr, das stimmt. Doch angesichts dieser im Vergleich zur Gesamtbevölkerung verschwindend kleinen Zahl und der damit verbundenen Unwahrscheinlicheit, mich in der Öffentlichkeit zu infizieren, dünkte mir, mir deshalb keine grauen Haare wachsen lassen zu müssen (wofür ich sowieso mit Priorin düngen hätte müssen). Immerhin war die Wahrscheinlichkeit, während des Hin- oder Rückfluges in das eisig kalte Meer zu stürzen oder mit dem in Toronto entliehenen Leihwagen zu verunglücken deutlich höher als sich mit SARS kontaminieren zu lassen. Eine einfache mathematische Rechnung, die der in Österreich verbliebenen Verwandt- und Bekanntschaft nicht leicht zugänglich war, denn daß ich im Zuge eines Verkehrsunfalles verunglücken könnte wurde mit einem Achselzucken quittiert, das ich selbst durch den Telefonhörer wahrnahm.

Nun denn. In der Stadt selbst war nichts davon zu verspüren, daß man in einem Epidemiegebiet verweilt, lediglich am Flughafen wurde einige Aufregung versprüht, als zeitgleich mit meiner Ankunft eine Maschine voller Asiaten landete, welche samt und sonders Atemschutzmasken trugen, so als ob diese sich vor den in Toronto herumschwirrenden SARS-Erregern schützen müßten, wo doch Asien selbst der Ursprung dieser weltweit 8.400 Fälle (davon 900 Todesfälle) umfassenden - man möchte fast sagen - Pandemie war. Einige dieser maskentragenden Asiaten waren danach noch im U-Bahn-Netz vorzufinden, was nett aussah, denn ich war daran erinnert, daß gerade Faschingszeit war.

In diese aufregende Zeit wurde ich zurückversetzt, als jüngst die Vogelgrippe mit der ihr einhergehenden Vogelgrippenhysterie über das diesmal heimische Land zog. Weil weltweit bis Mitte März 2006 die erschreckend hohe Zahl von 177 Menschen daran erkrankt ist (wovon 98 verstorben sind) wurde uns von der Pharmamindustrie eingeschärft, das vermutlich wirkungslose Medikament Tamiflu zu Hause einzulagern, was besonders besorgte Teile der Verwandt- und Bekanntschaft umgehend taten und ebenso vermutlich vorbeugend geschluckt haben werden. Nützt's nichts, schadet's (hoffentlich) nichts. Zusätzlich dazu werden derzeit überall dort, wo tote Vögel gefunden werden, Hinweistafeln befestigt, daß man sich nun in einer besonderen Gefahrenzone befände, also quasi überall, denn Vögel sterben nun mal irgendwann und das heimtückischerweise über das gesamte Wiener Stadtgebiet verteilt. Manche von ihnen fallen sogar mitten im Flug vom Himmel und würden einen kontaminierten Krater erzeugen, wenn die Absturzstelle nicht von hartem Asphalt überzogen wäre.

Der Fasching ist zwar hierzulande schon vorbei, doch nun gibt es anlaßbezogen endlich auch bei uns die Möglichkeit, sich lächerlich zu machen: Breathcare bietet Atemschutzmasken an, die einer Ansteckung entgegenwirken können (soferne man nicht ein rohes Huhn ißt und sich dadurch die nichtvorhandenen Erreger mittels Nahrungsaufnahme zuführt).

Denn, Zitat:
Angesichts einer drohenden Ausbreitung/Pandemie des Grippevirus und der Gefahr der Entwicklung eines Supervirus (welches von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte), ist es auch für alle Bürger ratsam, rechtzeitig vorzusorgen und Atemmasken anzuschaffen.

Diese sind natürlich täglich zu wechseln, was bedingt, daß man sie auch jeweils einen ganzen lang Tag trägt. Dazu sind sie sehr modisch, können also den jeweiligen Träger oder die Trägerin im Bedarfsfall durchaus optisch aufwerten:



Eine Tausenderpackung ist bereits auf dem Weg zu mir. Sollten Sie also in den nächsten drei Jahren eine Person durch Wien streifen sehen, die mit diesem Mode-Accessoire ausgestattet ist: It's me!

Der Baron

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RokkerMur - 26. Januar, 22:38
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Bei der Gelegenheit: kann mir mal jemand Dativ und...
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Stimmt, ...
eigentlich würde mein Kommentar reichen ...
sokrates2005 - 12. Januar, 15:38

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