Montag, 5. Januar 2009

Jahresendarbeitsmoral

75 Prozent meiner wachträumend verbracht habenden Zeit des vergangenen Jahres sowie 2 Prozent derjenigen regenerierenden Phasen, in denen ich mich dem mich übermannt habenden Schlaf der Selbstgerechten hingab, widmete ich zur Gänze und mit an Selbstaufgabe gemahnender Sorgfalt meiner Lieblingsarbeitsstätte in einem kleinen Schweizer Büro eines multinationalen Konzerns. Wie immer war auch dieses Jahr in aller seiner diesem innewohnenden Kürze nicht ausreichend, um sämtliche mir gestellten Aufgaben vollumfänglich zu bearbeiten oder anzufangen, geschweige denn, diese mit Jahresende abzuschliessen und gewissensberuhigt ad acta zu legen.

Nichtsdestotrotz sammelte ich vor Antritt meines wohlverdienten Weihnachtsurlaubes, welchen ich in meiner alten Heimatstadt Wien verbrachte, alle Schriftstücke mit angebrochenen Arbeitsfragmenten sowie zu Tätigkeiten, deren Ausführung erst einer zu beginnenden Ausführungsphase bedurften, zusammen und entsorgte jene teils in dem unter meinem Arbeitstisch offensichtlich extra für diese Zwecke bereitstehenden Abfalleimer der Firma Bene, teils entledigte ich mich irgendwelcher von sich wichtig machenden Vorgesetzten erwarteter Anfragen, indem ich diese (die Anfragen, nicht die Vorgesetzten) in die Posteingangsbehältnisse meiner Kollegen verteilte.

Weiters löschte ich sämtliche bereits gelesenen (doch unbeantworteten) E-Mails und verschob etwa 270 ungelesene E-Mails in den Spam-Ordner, um diese einer entsprechenden Vernichtung durch die stets danach gierende IT zuzuführen.

Derart gewissenlos vorbereitet verliess ich die Schweiz, liess Weihnachten und Neujahr vorüberstreichen und retournierte mich selbst am gestrigen Tage an meinen jungfräulich erscheinenden Arbeitsplatz, um meine volle Arbeitskraft erneut dem Tagwerke zur Verfügung zu stellen.

Zu meiner Bestürzung musste ich jedoch feststellen, dass die von mir abgekürzten Arbeiten in der Zwischenzeit sich nicht von selbst erledigt oder ausgesessen hatten. Vielmehr erreichten mich bereits in den ersten Viertelstunden, in denen ich mich doch zu allererst zu re-akklimatisieren gedachte, Reminder und Dringlichkeitsbefragungen sonder Zahl, für deren im Sinne einer meine Arbeitsmoral rechtfertigenden Beantwortung alleine ich ein volles Mannjahr veranschlagen musste.

Arbeiten, die heuer angefallen wären, bitte ich aus diesem Grunde, mir erst am Beginn des Folgejahres zuzutragen.

Mittwoch, 20. August 2008

Zur Feier des Tages

Freudenstrahlende Dame in mittleren Jahren, welche über ein temporäres Stoffwechselproblem verfügend mehrere Tage hindurch erfolglos Druck auf das letzte Element in der Ernährungskette am unteren Ende der Wirbelsäule auszuüben suchte:

"Du! Stell dir vor, ich war heute endlich am Klo! Gross!"

Generöser Herr in älteren Jahren, der sich auch an den kleineren Erfolgen des Lebens im allgemeinen und seiner Mitmenschen im speziellen erfreut:

"Hervorragend! Das sollten wir heute Abend mit einem Einlauf feiern!"

Dienstag, 29. Juli 2008

Die Verrohung der Jugend

Als jüngst in Paris Weilender erklomm ich nach rasanter Zugfahrt mit einem TGV, welcher sich mit einer Spitzengeschwindigkeit von 320 Kilometern pro Stunde durch die träge Luftmasse Ostfrankreichs schnitt, La Defense La Grande Arche, jenes berühmte mit einem horizontalen Loch versehene Bürogebäude im im Westen von Paris gelegenen Viertel La Defense.

Oben angelangt genoss ich (a) die mir nach unten blickend dargebotene atemberaubende Aussicht, verdrückte (b) einen kraft eines Automaten dargebotenen atemverschlechternden Kaffe und schlenderte (c) hernach atemlos durch den Oberteil des erwähnten Gebäudes, um mich an der Architektur des umbauten Raumes zu ergötzen und das Substrat der durch einen Niederländer ausgefertigten französischen zeitgenössischen Baukultur zu inhalieren.

Ich wurde jedoch jäh aus meinen intellektuellen Gedanken gerissen, als ein Vater und sein Sohne meinen Weg kreuzten und sich dabei dank ihres Idioms als österreichische Landsmänner erwiesen. Geschickt wusste ich meine Herkunft zu verbergen indem ich mich verschwieg, kam jedoch nicht umhin, den poetischen Versen des Sohnemannes zu lauschen, der Paris als Stadt der Liebe verkennend, subversive Reime an seine Umwelt kommunizierte.

Nun war auch ich dereinst ein Kind, welches Kinderreime zum Entsetzen der damals zuständigen Erziehungspersonen verunstaltete, und so rezitierte ich damals - heute zu Klassikern gewordene - Reime der Art

"Alle meine Entchen schwimmen im Spinat, schwimmen im Spinat,
rutschen übers Spiegelei, landen im Salat"

um später in subversive Umdichtungen ala

"Alle meine Entchen schwimmen im Klosett, schwimmen im Klosett,
zieht man an der Leine, sind sie alle weg."

zu wechseln. Sohnemann in La Defense allerdings, dessen anzunehmender Name Kevin lautete, ließ die gesamte Verrohung der heutigen Jugend mittels seiner - von den Pariser Banlieues beeinflusst zu sein scheinenden - Strophen an meine empfindsame Seele dringen. Er schmetterte:

"Alle meine Entchen schwimmen im Benzin, schwimmen im Benzin,
zünde ich mein Feuerzeug, sind sie alle hin."

Gedanklich zerriss ich meinen österreichischen Reisepass und verbarg mich unter einer Perücke, färbte meine Augen grün und ließ mir die sekundären Geschlechtsmerkmale von Brigit Bardot wachsen. Alles, nur nicht zuordenbar sein! Allein, es blieb beim untheatralischen Abgang:

Dem Autor grauste, er floh geschwind, aus meinen Ohren, das schreckliche Kind!

Anmerkung: Dieser Artikel wird ausschließlich dann zum Comeback, wenn er - wie in alten Zeiten (Gott hab sie selig) - mindestens 100 Kommentare unter sich versammelt.

Montag, 7. April 2008

Beinahelynchung in 10'000 m Höhe

"Boarding nearly completed" ließ die nicht unhübsche Stewardess über die Boardkommunikationsanlage verlauten. "Nearly?" dachte ich im Zuge inneren Monologisierens. "Was zum Teufel will uns die denn mitteilen?" Sämtliche Passagiere hatten ihre Plätze eingenommen und waren vorschriftsgemäss vergurtet, Handys waren ihrer Strahlkraft beraubt, die verteilten Zeitungen verbreiteten ein heimeliges Rascheln und eigentlich hätte das Boardpersonal das nervige Filmchen mit den Sicherheitsmassnahmen abspielen können, die im Falle eines einem freien Falle folgenden Aufschlages am harten Gestein der Schweizer Alpen ohnehin hinfällig gewesen wären, weil das Aufsuchen der notausgangweisenden Sicherheitsstreifen am Kabinenboden am Vorhandensein überlebender Passagiere scheitern würde, doch stattdessen geschah: nichts.

Solange, bis dieses Nichts durch die Stimme des diensthabenden Piloten unterbrochen wurde, der es sich nicht nehmen ließ, seinen Passagieren folgende Worte eigenmundig kundzutun:

"Eigentlich wären wir abflugbereit, allerdings warten wir noch auf 2 Passagiere, die von den Kanaren kommend ein Stück des Weges mit Ihnen teilen wollen. Leider hat deren Maschine eine Verspätung, die zwar nicht im Verantwortungsbereich von Air Berlin, Fly Niki und sämtlichen angeschlossenen Partnergesellschaften liegt, trotzdem fühlen wir uns unserer Kundenfreundlichkeit verpflichtet und werden daher 35 Minuten warten."

Ein Murren ging durch das vollbesetzte Flugzeug. 178 entrüstete Fly Niki Ex-Kunden begannen in babylonischem Sprachgewirr zu krakeelen, wobei sich zwei Bevölkerungsgruppen besonders hervortaten: Einerseits durfte ich erstmals Schweizer ihre Contenance verlieren hören, andererseits versüßten mir die anwesenden Wiener die kurzzeitige Rückkehr in meine verlassene Heimat, indem sie in das typische Idiom der Vorstadtgosse verfielen und Phrasen wie "Heast, homs denan ins Hirn gschissn? Nua wegn de deppatn Ibiza-Schnepfn soi ma jetzt a hoibe Stund in unsan Saft schmorn? Na woat, den Scheiss Piefke-Piloten hau i glei nieda!" droschen, wohl übersehend, dass Ibiza gar nicht zur Inselgruppe der Kanaren zu zählen ist.

Nichtsdestotrotz schmorten wir in unserem Saft, als pünktlich nach einer halben Stunde Wartezeit, die von auf- und abschwellendem Murren und Maulen begleitet war, 2 gutgelaunte Touristen das Flugzeug betraten. Sämtliche Blicke richteten sich auf diese, eine Orgie der Beschimpfung setzte ein und unter Hintanhaltung physischer Beeinträchtigungen durch Wurfgeschosse aller Art zwängten die beiden sich auf die letzten beiden leeren Plätze, wo jene als Parier unter quarantäneähnlichen Umständen den Flug nach Wien mitverfolgen durften.

Nebstbei verlangte ein aus bundesdeutschen Landen stammender Businessman nach einem Kundenzufriedenheitsfragebogen, um Herrn Lauda Nikolaus, Chef der beflogenen Fluggesellschaft, seinen empörten Unmut verschriftlicht mitzuteilen.

Als die Stimmung an Board dank der verteilten Gratiserfrischungen eine erstaunliche Wende zum Positiven genommen hatte, meldete sich erneut der Pilot zu Wort: "... die Wetteraussichten für Wien: Bedeckt und windig, um die Null Grad, einsetzender Nieselregen kurz vor der Landung. Tja, leider ist es da nicht so schön wie auf Lanzarote - Sonnenschein und 24° Celsius."

Die Flugpassagiere entsannen sich der in den hinteren Reihen sitzenden Übeltäter. Das bereits erstarbte Murren brandete neu auf, und sämtliche Blicke töteten die braungebrannten Verursacher 178-fachen Leides. Schimpforgien brachen los, eine Lynchung schien in greifbarer Nähe. Nur einsetzende starke Turbulenzen konnten Schlimmeres verhindern, denen eine alsbaldige Landung und eine Entleerung des Fliegers folgte. Abgeschirmt dabei die Lanzarote-Urlauber, die anders als der aufgebrachte Mob in einem eigenen Taxi vom Rollfeld wegverfrachtet wurden.

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RokkerMur - 26. Januar, 22:38
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Bei der Gelegenheit: kann mir mal jemand Dativ und...
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Stimmt, ...
eigentlich würde mein Kommentar reichen ...
sokrates2005 - 12. Januar, 15:38

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