Montag, 8. Mai 2006

Wahnsinnigenverpflegung

Angesichts des gestern stattgefunden habenden Wien Marathons und der damit verbundenen Ansichtigwerdung von zigtausenden Wahnsinnigen, die völlig unverständlicherweise nichts besseres zu tun hatten, als an einem schönen Sonntag Morgen 42 Kilometer laufend zurückzulegen, wurde ich unwillkürlich an meine Studentenzeit erinnert, eine Zeit, in der man sich bekanntermaßen mit arbeitsintensiven jedoch schlecht bezahlten Nebenjobs über Wasser hält.

In jener Zeit begab es sich, daß auch ich an einem Marathon teilnahm, allerdings nicht als zahlender Läufer sondern als bezahlt werdender Werktätiger, der die Wahnsinnigen an einer Verpflegungsstation - wie der Name bereits vermuten läßt - verpflegte. Eine solche Verpflegungsstation wirft tausende Bananen sowie hektoliterweise isotonische Getränke und Trinkwasser unter das galoppierende Volk, welches die Bananenschalen und leeren Pappbecher zur Freude der nachfolgenden Läufer wiederum auf den Laufpfad wirft.

Ich selbst war der Trinkwasserstation zugeteilt, welche frisches klares Wiener Hochquellwasser in Becher abzufüllen und den vorbeilaufenden Wahnsinnigen darzubringen hatte. Frisch und klar? Nicht ganz. Denn zunächst wurde das besagte Wasser in einem Tankwagen der Bierbrauerei Ottakringer angeliefert. Nun erfüllt zwar das normalerweise im Tankwagen ausgelieferte Bier bestimmte Reinheitsgebote, das ausgeschenkte Wasser jedoch nicht. Schließlich war diesem die Herkunft deutlich anzuschmecken. Das Wasser jedenfalls wurde zwecks einfacherer Hantierbarkeit nicht direkt in die Pappbecher abgefüllt sondern in großen Müllcontainern, wie sie typischerweise bei der Entsorgung von Hausmüll zum Einsatz kommen, zwischengelagert. Die Müllcontainer waren zwar offenkundig gereinigt worden, dennoch ergab sich dadurch eine etwas schiefe Optik, die uns aber nicht weiter störte. Nach und nach wurde diesen Containern kübelweise Wasser entnommen, die Kübel auf einen Tisch gestellt, der parallel zum Laufpfad aufgestellt war und schließlich aus den Kübeln die Pappbecher befüllt, die dann den Wahnsinnigen ausgeteit wurden.

Der Marathon nahm seinen Lauf (bitte dieses Wortspiel zu würdigen), und die Spitzenläufer zogen vorbei. Was diesen folgte war eine nicht enden wollende Menschenansammlung, die sich gleichförmig schnaufend, schwitzend und stinkend vorwärts bewegte. Die Verpflegungsstation wurde gestürmt, das Wasser floß in Strömen. Mit zunehmender Zeit waren immer hoffnungslosere und erschöpftere Läufer auszumachen. Läufer, die unbedingt ins Ziel kommen wollten obwohl sie besser nie an einem Marathon teilnehmen hätten sollen. Menschen, denen in der Zwischenzeit alles egal schien, die zu allem fähig waren. Zugleich neigte sich das kühle Naß langsam aber sicher seinem Ende zu. Nun geschah es, daß einige dieser erschöpften schwitzenden Wahnsinnigen der Wasserkübel gewahr wurden, welche wir auf unserem Tisch drappiert hatten. Jene ihres Zweckes beraubend, stürzten einige der Läufer auf die Kübel zu, um in einem Anfall von Abkühlungsbedürfnis ihre verschwitzten Köpfe trotz unseres lautstarken Protestes darin zu versenken. Das Versenken hielt zum Glück nicht lange an, der Kopf wurde wieder entfernt und von seinem Träger weiter Richtung Ziel fortbewegt. Zurück blieben jedoch Wasserkübel, in denen Fettaugen schwammen, wie man sie von einer saftigen Rindssuppe gewohnt ist.

Was tun? Das Wasser ging zu Ende, der Durst war groß ... ich denke, ich muß nicht extra erwähnen, daß uns das Wasser als qualitätiv hochwertig genug erschien, um dieses auch weiterhin an Wahnsinnige auszuschenken, schließlich verfügte es neben einem leichten Biergeschmack nunmehr auch über wichtige Mineralstoffe und andere leckere Zutaten.

Marathonläufer sind an sich selber schuld, sie machen es ja freiwillig. Doch falls Sie je auf den Gedanken kommen sollten, selbst laufender Teilnehmer zu werden, trinken Sie vorher genug, um nicht auf Verpflegung zurückgreifen zu müssen, zu der Sie nicht greifen würden, wenn Sie es nicht bitter nötig hätten.

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Stimmt, ...
eigentlich würde mein Kommentar reichen ...
sokrates2005 - 12. Januar, 15:38

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