Beinahelynchung in 10'000 m Höhe
"Boarding nearly completed" ließ die nicht unhübsche Stewardess über die Boardkommunikationsanlage verlauten. "Nearly?" dachte ich im Zuge inneren Monologisierens. "Was zum Teufel will uns die denn mitteilen?" Sämtliche Passagiere hatten ihre Plätze eingenommen und waren vorschriftsgemäss vergurtet, Handys waren ihrer Strahlkraft beraubt, die verteilten Zeitungen verbreiteten ein heimeliges Rascheln und eigentlich hätte das Boardpersonal das nervige Filmchen mit den Sicherheitsmassnahmen abspielen können, die im Falle eines einem freien Falle folgenden Aufschlages am harten Gestein der Schweizer Alpen ohnehin hinfällig gewesen wären, weil das Aufsuchen der notausgangweisenden Sicherheitsstreifen am Kabinenboden am Vorhandensein überlebender Passagiere scheitern würde, doch stattdessen geschah: nichts.
Solange, bis dieses Nichts durch die Stimme des diensthabenden Piloten unterbrochen wurde, der es sich nicht nehmen ließ, seinen Passagieren folgende Worte eigenmundig kundzutun:
"Eigentlich wären wir abflugbereit, allerdings warten wir noch auf 2 Passagiere, die von den Kanaren kommend ein Stück des Weges mit Ihnen teilen wollen. Leider hat deren Maschine eine Verspätung, die zwar nicht im Verantwortungsbereich von Air Berlin, Fly Niki und sämtlichen angeschlossenen Partnergesellschaften liegt, trotzdem fühlen wir uns unserer Kundenfreundlichkeit verpflichtet und werden daher 35 Minuten warten."
Ein Murren ging durch das vollbesetzte Flugzeug. 178 entrüstete Fly Niki Ex-Kunden begannen in babylonischem Sprachgewirr zu krakeelen, wobei sich zwei Bevölkerungsgruppen besonders hervortaten: Einerseits durfte ich erstmals Schweizer ihre Contenance verlieren hören, andererseits versüßten mir die anwesenden Wiener die kurzzeitige Rückkehr in meine verlassene Heimat, indem sie in das typische Idiom der Vorstadtgosse verfielen und Phrasen wie "Heast, homs denan ins Hirn gschissn? Nua wegn de deppatn Ibiza-Schnepfn soi ma jetzt a hoibe Stund in unsan Saft schmorn? Na woat, den Scheiss Piefke-Piloten hau i glei nieda!" droschen, wohl übersehend, dass Ibiza gar nicht zur Inselgruppe der Kanaren zu zählen ist.
Nichtsdestotrotz schmorten wir in unserem Saft, als pünktlich nach einer halben Stunde Wartezeit, die von auf- und abschwellendem Murren und Maulen begleitet war, 2 gutgelaunte Touristen das Flugzeug betraten. Sämtliche Blicke richteten sich auf diese, eine Orgie der Beschimpfung setzte ein und unter Hintanhaltung physischer Beeinträchtigungen durch Wurfgeschosse aller Art zwängten die beiden sich auf die letzten beiden leeren Plätze, wo jene als Parier unter quarantäneähnlichen Umständen den Flug nach Wien mitverfolgen durften.
Nebstbei verlangte ein aus bundesdeutschen Landen stammender Businessman nach einem Kundenzufriedenheitsfragebogen, um Herrn Lauda Nikolaus, Chef der beflogenen Fluggesellschaft, seinen empörten Unmut verschriftlicht mitzuteilen.
Als die Stimmung an Board dank der verteilten Gratiserfrischungen eine erstaunliche Wende zum Positiven genommen hatte, meldete sich erneut der Pilot zu Wort: "... die Wetteraussichten für Wien: Bedeckt und windig, um die Null Grad, einsetzender Nieselregen kurz vor der Landung. Tja, leider ist es da nicht so schön wie auf Lanzarote - Sonnenschein und 24° Celsius."
Die Flugpassagiere entsannen sich der in den hinteren Reihen sitzenden Übeltäter. Das bereits erstarbte Murren brandete neu auf, und sämtliche Blicke töteten die braungebrannten Verursacher 178-fachen Leides. Schimpforgien brachen los, eine Lynchung schien in greifbarer Nähe. Nur einsetzende starke Turbulenzen konnten Schlimmeres verhindern, denen eine alsbaldige Landung und eine Entleerung des Fliegers folgte. Abgeschirmt dabei die Lanzarote-Urlauber, die anders als der aufgebrachte Mob in einem eigenen Taxi vom Rollfeld wegverfrachtet wurden.
Solange, bis dieses Nichts durch die Stimme des diensthabenden Piloten unterbrochen wurde, der es sich nicht nehmen ließ, seinen Passagieren folgende Worte eigenmundig kundzutun:
"Eigentlich wären wir abflugbereit, allerdings warten wir noch auf 2 Passagiere, die von den Kanaren kommend ein Stück des Weges mit Ihnen teilen wollen. Leider hat deren Maschine eine Verspätung, die zwar nicht im Verantwortungsbereich von Air Berlin, Fly Niki und sämtlichen angeschlossenen Partnergesellschaften liegt, trotzdem fühlen wir uns unserer Kundenfreundlichkeit verpflichtet und werden daher 35 Minuten warten."
Ein Murren ging durch das vollbesetzte Flugzeug. 178 entrüstete Fly Niki Ex-Kunden begannen in babylonischem Sprachgewirr zu krakeelen, wobei sich zwei Bevölkerungsgruppen besonders hervortaten: Einerseits durfte ich erstmals Schweizer ihre Contenance verlieren hören, andererseits versüßten mir die anwesenden Wiener die kurzzeitige Rückkehr in meine verlassene Heimat, indem sie in das typische Idiom der Vorstadtgosse verfielen und Phrasen wie "Heast, homs denan ins Hirn gschissn? Nua wegn de deppatn Ibiza-Schnepfn soi ma jetzt a hoibe Stund in unsan Saft schmorn? Na woat, den Scheiss Piefke-Piloten hau i glei nieda!" droschen, wohl übersehend, dass Ibiza gar nicht zur Inselgruppe der Kanaren zu zählen ist.
Nichtsdestotrotz schmorten wir in unserem Saft, als pünktlich nach einer halben Stunde Wartezeit, die von auf- und abschwellendem Murren und Maulen begleitet war, 2 gutgelaunte Touristen das Flugzeug betraten. Sämtliche Blicke richteten sich auf diese, eine Orgie der Beschimpfung setzte ein und unter Hintanhaltung physischer Beeinträchtigungen durch Wurfgeschosse aller Art zwängten die beiden sich auf die letzten beiden leeren Plätze, wo jene als Parier unter quarantäneähnlichen Umständen den Flug nach Wien mitverfolgen durften.
Nebstbei verlangte ein aus bundesdeutschen Landen stammender Businessman nach einem Kundenzufriedenheitsfragebogen, um Herrn Lauda Nikolaus, Chef der beflogenen Fluggesellschaft, seinen empörten Unmut verschriftlicht mitzuteilen.
Als die Stimmung an Board dank der verteilten Gratiserfrischungen eine erstaunliche Wende zum Positiven genommen hatte, meldete sich erneut der Pilot zu Wort: "... die Wetteraussichten für Wien: Bedeckt und windig, um die Null Grad, einsetzender Nieselregen kurz vor der Landung. Tja, leider ist es da nicht so schön wie auf Lanzarote - Sonnenschein und 24° Celsius."
Die Flugpassagiere entsannen sich der in den hinteren Reihen sitzenden Übeltäter. Das bereits erstarbte Murren brandete neu auf, und sämtliche Blicke töteten die braungebrannten Verursacher 178-fachen Leides. Schimpforgien brachen los, eine Lynchung schien in greifbarer Nähe. Nur einsetzende starke Turbulenzen konnten Schlimmeres verhindern, denen eine alsbaldige Landung und eine Entleerung des Fliegers folgte. Abgeschirmt dabei die Lanzarote-Urlauber, die anders als der aufgebrachte Mob in einem eigenen Taxi vom Rollfeld wegverfrachtet wurden.
derbaron - 7. April, 15:32
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