Dienstag, 29. Juli 2008

Die Verrohung der Jugend

Als jüngst in Paris Weilender erklomm ich nach rasanter Zugfahrt mit einem TGV, welcher sich mit einer Spitzengeschwindigkeit von 320 Kilometern pro Stunde durch die träge Luftmasse Ostfrankreichs schnitt, La Defense La Grande Arche, jenes berühmte mit einem horizontalen Loch versehene Bürogebäude im im Westen von Paris gelegenen Viertel La Defense.

Oben angelangt genoss ich (a) die mir nach unten blickend dargebotene atemberaubende Aussicht, verdrückte (b) einen kraft eines Automaten dargebotenen atemverschlechternden Kaffe und schlenderte (c) hernach atemlos durch den Oberteil des erwähnten Gebäudes, um mich an der Architektur des umbauten Raumes zu ergötzen und das Substrat der durch einen Niederländer ausgefertigten französischen zeitgenössischen Baukultur zu inhalieren.

Ich wurde jedoch jäh aus meinen intellektuellen Gedanken gerissen, als ein Vater und sein Sohne meinen Weg kreuzten und sich dabei dank ihres Idioms als österreichische Landsmänner erwiesen. Geschickt wusste ich meine Herkunft zu verbergen indem ich mich verschwieg, kam jedoch nicht umhin, den poetischen Versen des Sohnemannes zu lauschen, der Paris als Stadt der Liebe verkennend, subversive Reime an seine Umwelt kommunizierte.

Nun war auch ich dereinst ein Kind, welches Kinderreime zum Entsetzen der damals zuständigen Erziehungspersonen verunstaltete, und so rezitierte ich damals - heute zu Klassikern gewordene - Reime der Art

"Alle meine Entchen schwimmen im Spinat, schwimmen im Spinat,
rutschen übers Spiegelei, landen im Salat"

um später in subversive Umdichtungen ala

"Alle meine Entchen schwimmen im Klosett, schwimmen im Klosett,
zieht man an der Leine, sind sie alle weg."

zu wechseln. Sohnemann in La Defense allerdings, dessen anzunehmender Name Kevin lautete, ließ die gesamte Verrohung der heutigen Jugend mittels seiner - von den Pariser Banlieues beeinflusst zu sein scheinenden - Strophen an meine empfindsame Seele dringen. Er schmetterte:

"Alle meine Entchen schwimmen im Benzin, schwimmen im Benzin,
zünde ich mein Feuerzeug, sind sie alle hin."

Gedanklich zerriss ich meinen österreichischen Reisepass und verbarg mich unter einer Perücke, färbte meine Augen grün und ließ mir die sekundären Geschlechtsmerkmale von Brigit Bardot wachsen. Alles, nur nicht zuordenbar sein! Allein, es blieb beim untheatralischen Abgang:

Dem Autor grauste, er floh geschwind, aus meinen Ohren, das schreckliche Kind!

Anmerkung: Dieser Artikel wird ausschließlich dann zum Comeback, wenn er - wie in alten Zeiten (Gott hab sie selig) - mindestens 100 Kommentare unter sich versammelt.

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RokkerMur - 26. Januar, 22:40
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sokrates2005 - 12. Januar, 15:38

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